Garvit Amipara
31, aus Indien, seit 2016 in Chemnitz
Im ersten Jahr dachte ich: Ich will so schnell wie möglich aus Chemnitz raus. Jetzt denke ich: Ich möchte so lange wie möglich dableiben“ Nach meinem Bachelor Maschinenbau und zwei Jahren Berufserfahrung in Indien wollte ich im Ausland weiterstudieren. Ich entschied mich für Deutschland. Mein Deutschkurs fand in Berlin statt, meine erste Station in Deutschland. Das war eine krasse Erfahrung, weil ich aus dem Bundesstaat Gujarat komme, wo Gandhis Geburtsort liegt. Dort gilt die Prohibition: kein Alkohol, das heißt es gibt keine Clubs, kein Night-Life. All das, wofür Berlin dagegen bekannt ist. Totaler Kulturschock! Schön war es hier für mich zudem, weil ich schon in Indien gerne elektronische Musik gehört habe. Durch die große Technoszene bin ich also genau in der richtigen Stadt angekommen. So habe ich mich voll ins Partyleben reingestürzt, viele Menschen kennengelernt und Erfahrungen gesammelt. Für das eigentliche Ziel zu studieren war mir aber klar, dass ich hier nicht bleiben konnte. Ich bekam bei meinen Bewerbungen eine Zulassung in Chemnitz und entschied mich dafür. Damit kam ich raus aus Berlin, aber war nicht zu weit weg. Das war ein weiterer Kulturschock. In Berlin geht rund um die Uhr etwas, in Chemnitz dagegen ist die Stadt nach 20 Uhr tot. Doch an der Uni unter Studierenden lernt man sich schnell kennen, trifft hier ein paar Leute, geht dort auf eine WG-Party, mittlerweile habe ich einen festen Freundeskreis, der sehr gut zusammenpasst. Diese Freunde sind allesamt Deutsche. Wir feiern dieselbe Musik und chillen einfach gerne gemeinsam am Wochenende. Mit der Zeit haben wir feste Traditionen im Kalender entwickelt. Meine Freunde haben mir auch sehr dabei geholfen, mein Deutsch zu verbessern. Es ist so, im ersten Jahr dachte ich: Ich will so schnell wie möglich aus Chemnitz raus. Jetzt denke ich: Ich möchte so lange wie möglich dableiben! Denn einige aus dem Freundeskreis haben sich nach dem Studium entschieden, hier zu bleiben und haben angefangen zu arbeiten. Deswegen habe ich die auch die Entscheidung getroffen, zu bleiben. Meine Masterarbeit ist fast fertig, danach hoffe ich, im Rahmen des neuen Brennstoffzellen-Zentrums eine Arbeit zu finden. Ich habe zwischendurch für Ferienjobs bei VW und Siemens am Band gearbeitet. Die Kollegen waren aus der Gegend und meist etwas älter. Ich war unsicher, wie offen sie sind, aber als bemerkten, dass ich gut Deutsch spreche, wurden sie schnell sehr freundlich. Das ist auch allgemein die Erfahrung, die ich hier gesammelt habe. Schon in Indien war ich viel aktiv neben dem Studium. Ich habe in einer Band gespielt, viele Events veranstaltet. Das wollte ich auch hier gerne machen. Am Anfang war das schwierig, Freunde haben mir mit der Zeit geholfen. Vor vier Jahren habe ich im Café Odradek bei einem DJ-Workshop teilgenommen. Da fing es an, ich holte mir ein Mischpult und probierte mich aus. Gerade als ich mich bereit fühlte selbst aufzulegen, fing Corona an. Zwei Jahre lang ging nichts, mittlerweile konnte ich aber mit Freunden schon zwei Partys veranstalten. Was mich am DJ Dasein begeistert, ist die Möglichkeit, Stimmungen und Emotionen zu übertragen und in anderen hervorzurufen. Aktuell planen wir, das Sommerfest an der TU wieder aufleben zu lassen. Ich finde, genau was ich machen wollte, das passiert alles jetzt in Chemnitz. Es ist schön, in Chemnitz hast du so viel Potenzial, so viel Freiraum, um dein eigenes Ding zu starten.