Barbora

Speaker

Im Jahr 2014 bin ich für das Studium der Interkulturellen Kommunikation nach Chemnitz gekommen. Ich habe die Stadt wegen dem Studiengang ausgewählt, da mir der Mix aus Sprachen, Kultur- und Sozialwissenschaften an dem Studiengang gefallen hat. Außerdem habe ich nach einer Stadt gesucht, die nicht so weit von meiner Heimatstadt Ústí nad Labem in Tschechien entfernt ist. Von Anfang an habe ich mich sehr wohl in Chemnitz gefühlt. Zu Beginn habe ich hauptsächlich mit Tschechinnen abgehangen – das war meine Komfortzone und hat mir Halt gegeben. Später habe ich auch viele Menschen aus anderen Kulturkreisen kennengelernt. Architektonisch fand ich Chemnitz schon immer sehr schön, vor allem im Vergleich zu meiner Heimatstadt, die einmal fast ganz zerstört wurde. Bevor ich nach Chemnitz kam, habe ich kurz in einem Geschäft für Motorradbedarf in Dresden gearbeitet, weshalb ich schon ein bisschen Deutsch konnte. In Chemnitz musste ich dann vor allem die wissenschaftliche Ausdrucksweise lernen, was am Anfang viel Zeit gekostet hat. Schnell kam ich dann auch mit dem Club der Kulturen auf dem Campus in Kontakt. Damals waren die meisten internationalen Trainings, die dort angeboten wurden, lediglich auf Deutsch – ich habe dann viel dafür gearbeitet, dass es mehr Angebote auf Englisch gibt. Drei Jahre war ich dann Mitglied und danach im Vorstand – ich habe dort so viele tolle Menschen kennengelernt! Es ist echt stark zu sehen, dass so viele Leute hier Lust haben, sich ehrenamtlich zu engagieren, denn nur so kann die Stadt richtig wachsen. Nicht nur städtebaulich – auch mental! Es hat sich in den letzten Jahren so viel hier verändert. Ein sehr besonderer und positiver Ort ist für mich der Theaterplatz. Ich gehe sehr gerne ins Theater und habe hier meinen Studienabschluss gefeiert. Für die Zukunft habe ich viele Pläne, zum Beispiel möchte ich gemeinsam mit meinem Mann Sajib und ein paar anderen eine NGO gründen, um Bildungsangebote der interkulturellen Kommunikation zu vermitteln. Dazu sollen zum Beispiel Sprachkurse, Lesungen und soziale Themen gehören. Weil Sajib und ich gerade Eltern geworden sind, läuft das alles aktuell ein bisschen langsamer an, was aber vollkommen okay ist. Emma entscheidet, wann es soweit ist, wieder mehr zu arbeiten!

Barbora

Ich bin 2018 nach Chemnitz gekommen, habe davor meinen Bachelor in meinem Heimatland Bangladesch gemacht und drei Jahre dort gearbeitet. Bevor ich hier angekommen bin, war ich nie in einem anderen Land. Ich wusste, es wird nicht einfach, so weit weg von meiner Familie zu sein, aber ich hatte echt Lust, mich ganz auf die kulturelle Lebensweise hier einzulassen. Als ich diese Universität in Chemnitz das erste Mal betrat, war ich sehr begeistert - die Art und Weise, wie hier gelehrt wird, hat mir sehr gefallen. Am Anfang hatte ich viel an der Uni zu tun, weil ich acht Kurse belegt hatte. Später gab ich meinem Sozialleben mehr Raum und kam schnell mit dem Club der Kulturen in Kontakt. Ab diesem Punkt hatte ich das Gefühl, dass mein Leben richtig losging. Ich habe viele Freund:innen kennen gelernt, da ich aber mein Studium finanzieren musste und auch meine Familie finanziell unterstützen wollte, musste ich während des Studiums viel arbeiten und daher auch einige Semester auslassen. Viele Studierende aus dem asiatischen und indischen Raum bekommen kaum Geld von der jeweiligen Regierung für das Studium selbst. Dazu kam, dass es in Chemnitz als internationaler Studierender zu dieser Zeit nicht einfach war, einen Job zu bekommen. Oft war eine Voraussetzung, perfekt Deutsch zu können – das ist heute etwas besser. Was das angeht ist auch die Uni nicht so gut aufgestellt, viele Professor:innen sind nicht darauf vorbereitet, Lernmaterialien auf Englisch zur Verfügung zu stellen. Dabei hat kaum ein internationaler Studierender neben Teilzeitjob, Uni und Studentenleben die Zeit, direkt perfekt Deutsch zu lernen. Dennoch würde ich sagen, dass das Leben hier an der Uni relativ entspannt für internationale Studierende ist - was aber das Studentenleben außerhalb der Uni angeht gibt es da schon mehr Probleme. Manchmal kommt man nicht in Nachtclubs rein, im Brauclub zum Beispiel wurde Freunden von mir an einem Freitagabend gesagt, es fände eine Privatparty statt und sie könnten nicht rein, obwohl das offensichtlich nicht wahr war. Solche diskriminierenden Erfahrungen machen hier hauptsächlich Menschen mit einer dunkleren Hautfarbe. Diese Ablehnung aufgrund des Aussehens oder der Sprachkenntnisse führen auch dazu, dass sich viele internationale Studierende hier möglichst schnell ihr Studium durchziehen möchten und dann in ein anderes Land wie zum Beispiel Tschechien oder die Niederlande weiterziehen möchten. Sie haben dann umso weniger den Antrieb, Deutsch zu lernen. Das ist schade, weil Chemnitz eigentlich richtig super ist – nicht zu groß, nicht zu klein, man kann unter Leute gehen und auch noch Orte finden, an denen man ganz alleine mit sich sein kann.

Sajib